Entlassung Broos: eine gründliche Analyse

DIENSTAG, 8 FEBRUAR 2005, 12:31 - RSCA Skater
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Anderlecht ist der erste Club, der Hugo Broos entlässt. Bei RWDM, FC Brügge und Mouscron entschied er sein Schicksal selber. Bei Anderlecht erreichte er einen Meistertitel, aber dennoch stand er stets in der Kritik.


Der neue Hoffnungsträger des RSC Anderlecht hat einen Namen: Franky Vercauteren. Als Nachfolger seines am Montagabend entlassenen Chefs Hugo Broos soll der 48-jährige Ex-Nationalspieler beim belgischen Rekordmeister bis zum Saisonende retten, was noch zu retten ist.

Im Klartext: Als neuer Cheftrainer muss Vercauteren sicherstellen, dass der RSC Anderlecht bis zum Saisonende mindestens den 2. Tabellenplatz in der 1. Division verteidigt, der bekanntlich zur Teilnahme an der Champions League berechtigt. Von der erfolgreichen Titelverteidigung spricht in Anderlecht angesichts eines Rückstands von acht bzw. 14 Punkten auf den FC Brügge kaum noch jemand.

Zu hohe Ansprüche

Welch ein Kontrast mit August vergangenen Jahres, als Vereinspräsident Roger Vanden Stock großspurig den Gewinn des »Doubles« und den Einzug in das Achtelfinale der Champions League zum Saisonziel ausgegeben hatte. Jeder weiß, was daraus geworden ist: Dem Desaster in der europäischen Königsklasse (0 auf 18 Punkte) folgte das Aus im Landespokal (1:2 in Genk). Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wurde Cheftrainer Hugo Broos letztlich zum Verhängnis, doch glänzte ausgerechnet der Clubvorsitzende in diesen Tagen schwieriger Entscheidungen durch Abwesenheit: »Der Präsident wohnt einer Sitzung der UEFA in Nyon bei«, entschärfte Manager Herman Van Holsbeeck gestern vor einer wissensdurstigen Pressemeute Medienberichte, wonach Vanden Stock die Trennung von Broos telefonisch aus seinem Schweizer »Urlaubsdomizil« angeordnet habe.

Zutreffend ist unterdessen die Feststellung, dass die schlappe Vorstellung des RSC Anderlecht am Sonntag bei AA Gent (0:0) letztlich der berühmte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. »Durch dieses Unentschieden hat sich unser letztes Saisonziel noch etwas weiter entfernt«, so Van Holsbeeck, der in Gent deutliche Signale zum Handeln vernommen haben wollte. »Von Sabotage durch die Spieler kann sicher keine Rede sein, doch machte die Mannschaft einen hilflosen, überdrüssigen Eindruck.« Auch Hugo Broos, der den RSC Anderlecht in 2,5 Jahren immerhin zweimal in die Champions League und zu einem Meistertitel führte, habe nach dem Abpfiff in Gent einen äußerst niedergeschlagenen Eindruck gemacht.

Geradezu gebetsmühlenartig betonte Van Holsbeeck, dass ihm die Trennung von Broos menschlich sehr schwer gefallen sei: »Ich habe Hugo Broos als äußerst korrekten, integren, freundlichen und pflichtbewussten Menschen kennen gelernt«, so der Nachfolger von Michel Verschueren, der in seinem zweiten Amtsjahr auf dem Managerstuhl des RSC Anderlecht erstmals Bekanntschaft mit den Schattenseiten dieses begehrten Postens machte.

»Eine Trainerentlassung ist nicht nur eine Niederlage für den Trainer, sondern für den gesamten Verein«, räumte Van Holsbeeck eine Mitschuld der Anderlechter Chefetage an der sportlichen Misere ein. »Vielleicht haben wir unsere Saisonziele etwas zu hoch angesetzt und die Mannschaft damit überfordert.«

Kommunikation

Defizite hat der RSCA-Manager Van Holsbeeck aber nicht nur im sportlichen Bereich, sondern auch in der Außendarstellung des Rekordmeisters erkannt. »Wir müssen darauf achten, dass unsere Profis besser gegen die Außenwelt geschützt werden. Ich möchte den Medienvertretern, die nur ihren Job tun, keinen Vorwurf machen, doch ist der öffentliche Druck in Anderlecht nun mal besonders groß - mit allen positiven und negativen Folgen, die das nach sich ziehen kann.«

Im übrigen will der Manager, so paradox dies auch klingen mag, in der Bereitschaft Hugo Broos', ständig für die Medienvertreter zur Verfügung zu stehen, einen der Gründe für dessen Scheitern ausgemacht haben: »Da haben wir uns das eine oder andere Mal aufs Glatteis führen lassen. Künftig müssen Vereinsführung und sportliche Leitung wieder aus einem Mund reden, damit kein Spalt zwischen uns getrieben wird.«

Als Assistenten werden dem neuen Cheftrainer Franky Vercauteren Daniel Renders und Mannschaftskapitän Glen De Boeck (33) zur Seite stehen, der nach mehreren schweren Knieverletzungen die Fronten wechselt.




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