Coucke: "Versuchen in Europa wieder etwas zu bedeuten"

INTERVIEWS Der neue Anderlecht-Präsident Marc Coucke war am gestrigen Abend in der Fußball-Talkshow Extra Time zu Gast. Er sprach dort in seiner bekannten Art unter anderem über die vergangene Transferperiode und seine finanzielle Pläne mit Anderlecht.

Coucke: “Als ich das Wort suboptimal in den Mund nahm, sprach ich nicht über die Finanzpolitik des Vereins. Die blutroten Zahlen, die in den Zeitungen standen, spiegelten ein falsches Bild wider. Die Buchhaltung im Fußball ist immer sehr seltsam. Wenn man am selben Tag einen Spieler für 10 Millionen Euro kauft und wieder für denselben Betrag verkauft, hat man zum Beispiel acht Millionen Euro Gewinn gemacht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Zahlen und er Wirklichkeit.”

“Ich habe sehr viel Respekt vor dem, was Roger Vanden Stock aufgebaut hat. Er gewann 10 Meistertitel. Ich werde froh sein, wenn ich die Hälfte dieser Anzahl erreichen kann. Aber er hat es auf seine Weise getan und ich werde es auf meine tun. Ich werde anders vorgehen, auch finanziell. Bei Anderlecht war lange Zeit die Devise: wir gehen Risiken ein und wenn es klappt, spielen wir Champions League und wenn es nicht klappt, verkaufen wir einen Spieler.”

“Mit dem Wort suboptimal war die vergangene Transferperiode gemeint. Ich verstehe nicht, was passiert ist. Während einer Transferperiode muss man immer auf alles vorbereitet sein. Im vergangenen Monat hatten Vereine Interesse an fünf Spieler vom KV Ostende. Wir hatten für alle fünf einen Ersatz im Auge. Letztendlich hat nur Sébastien Siani den Verein verlassen. Anderthalb Stunde später hatten wir einen Ersatz verpflichtet. So muss das laufen.”

“Ob Luc Devroe nach Anderlecht kommt? Ich habe großen Respekt vor ihm. Er ist einer der Besten in Belgien. Die Chance ist groß, dass er kommt. Ob er mit Herman Van Holsbeeck zusammenarbeiten kann? Ich denke schon.”

Frank Raes: “Haben Sie sich im Januar mit Anderlecht beschäftigt?”

Coucke: "Nein, das haben Sie doch gesehen oder nicht? Anderlecht erzielte wenig Treffer und dann verkauft man vier Offensivspieler. Ich wartete am 31. Januar auf positive Neuigkeiten. Ich fand, dass Aleksandar Mitrovic eine interessante Option war. Aber ich habe Van Holsbeeck nicht angerufen. Vielleicht bin ich jetzt heiliger als der Papst. Die Gesetze sind hart, aber man muss sie beachten."

Filip Joos: “Sie sind nicht der wilde Wohltäter, der mit Geld um sich schmeißt?”

Coucke: “Ich denke, dass man das sowieso nicht tun darf, aber es kann sein, dass ich das im ersten Jahr wohl tun muss. Das erste Jahr ist immer schwierig und Geduld ist nicht meine größte Stärke. Aber irgendwann muss der Verein selbsttragend sein. Im Fall von Anderlecht müssen die Einkünfte um 10 Millionen Euro gesteigert und die Kosten um 5 Millionen Euro gesenkt werden. Meiner Meinung nach ist das realistisch."  

"Aber wenn man dann zum Beispiel die Champions League erreichen oder einen Spieler für viel Geld verkaufen kann, investriert man das Geld in die Infrastruktur oder einem speziellen Transfer. Aber wenn man von solchen Dingen abhängig ist, dann läuft es falsch."

"Bei Anderlecht sind 240 Personen eingestellt. Das klingt viel, aber ich muss das mal gründlich analysieren. So stehen bei uns zum Beispiel Personen auf der Lohnliste für den Catering-Dienst, während die bei anderen Vereinen ausgelagert werden."

Jan Mulder: “Du bist so wie ein Scheich. Aber wenn du Anderlecht zurück haben möchtest, dann wirst du ziemlich viel investieren müssen. Geld geben! Ein Linksverteidiger von zwei Millionen Euro wird die Probleme nicht lösen können.”

Coucke: “Was die Transfers betrifft, hast du Recht. Was das operationelle Ergebnis angeht aber nicht. Wenn man sieht, dass wir einen Linksverteidiger nötig haben, dann muss man einen Linksverteidiger kaufen. Und vielleicht stecke ich dann auch Geld darin, aber dann am liebsten einen jungen Spieler, der seinen Wert noch steigern kann, den auf diese Weise kann man den Verein noch besser machen. Aber was die Lohnmasse angeht, da muss ich mehr Disziplin reinbringen.

Mulder: “Naja ein Linksverteidiger. Anderlecht muss hervorragenden Offensivfußball bringen. Das kostet viele Millionen Euro. Möchtest du den Verein wieder auf Champagnerfußball-Niveau bringen? Man muss dafür Spieler wie Hanni haben. Die kosten jedoch ziemlich viel. Du wirst gegen eine Mauer rennen. Was möchtest du erreichen?

Coucke: "Im kommenden Jahr wollen wir nicht Barcelona schlagen können. Das darf gerne passieren, aber diese Chance ist ziemlich klein. Wir wollen versuchen, uns in Europa wieder einen Namen zu machen. Wenn das klappt, dann wäre das schon ein guter Schritt. Die belgische Liga wird von den fünf großen Ligen in Europa verfolgt. Ich muss natürlich keinen Stürmer von PSG kaufen, sondern einen Stürmer kaufen, an dem PSG danach interessiert ist."