Die Finanzkrise anhand von elf Fragen erklärt

MONTAG, 30 DEZEMBER 2019, 23:34 - RSCA Skater
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ANDERE Da der Jahresbericht von Anderlecht bekanntgegeben wurde, ist es offiziell, dass der Verein in der vergangenen Saison einen herben Verlust einstecken musste und der Schuldenberg weiter angewachsen ist. 'Och, Marc Coucke wird seine Brieftasche öffnen und dann ist das Problem gelöst', denken sich viele, aber ist das so einfach?

Der Finanzjournalist Dries Bervoet von De Tijd analysierte unter anderem für seine Zeitung und für Sporza den Jahresbericht von Anderlecht. Wir fassen seine Erklärungen in elf Fragen und Antworten für euch zusammen.

Ist es neu, dass Anderlecht Verluste macht?
Nein, auch in der Saison 2017-2018 musste Anderlecht einen Verlust hinnehmen und zwar waren das 6,5 Millionen Euro. In der Saison 2016-2017 verbuchte Anderlecht einen kleinen Gewinn von 350.000 Euro. Die Champions League und einige große Abgänge sorgten damals für diesen kleinen Gewinn oder beziehungsweise dafür, dass sich der Verlust in Grenzen hielt.

Wie sahen die Einnahmen in der Saison 2017-2018 aus?
Im ersten Halbjahr nach der Ankunft von Marc Coucke stiegen die Einnahmen aus dem Ticketing, Merchandising und dem Spnsoring von 44 auf 60,2 Millionen Euro. In der vergangenen Saison sanken sie, auch weil es sportlich nicht gut lief, von 60,2 auf 52,1 Millionen Euro. Eine zweite Einnahmequelle sind die Transfers (Abgänge) und der Europapokal. Diese Einnahmen sanken jedoch von 41,1 auf 32 Millionen Euro. 

Und was ist mit den Ausgaben 2017-2018?
In der vergangenen Saison stiegen die Kosten von 106 auf 109 Millionen Euro. In der Saison davor betrugen diese noch 102 Millionen Euro. Positiv ist jedoch, dass die Personalkosten von 50 auf 47,3 Millionen Euro sanken. Das ist aber auch eine Folge der schwächeren sportlichen Ergebnisse, denn dadurch musste der Verein weniger Prämien ausbezahlen. Negativ ist allerdings, dass der Aspekt 'Dienste und diverse Güter' von 34 auf 38 Millionen Euro anstiegen. Diese Ausgaben umfassen nämlich vor allem die Kosten der Spielerberater.

Wie sieht es mit den Schulden aus?
Durch den Verlust von 27 Millionen Euro besitzt Anderlecht nun einen Schuldenberg von 95 Millionen Euro. Die finanzielle Schuld stieg von 40 auf 61 Millionen Euro. Von den 61 Millionen Euro sind nur 4,7 Millionen langfristig einzulösen. Bei Marc Coucke steht Anderlecht mit 28 Millionen Euro in der Kreide. 

Sind Schulden besorgniserregend?
Eigentlich nicht, solange man sie zurückbezahlen kann. Das kann man mit einem Kredit für ein Haus vergleichen. Solange man monatlich eine Hypothek abbezahlen kann, entstehen keine Probleme. Aber das Problem bei Anderlecht ist, dass viele kurzfristige Schulden hat. Und dass man keinen Gewinn erzielt, um diese tilgen zu können. Anderlecht wird seine Schulden also sogesehen refinanzieren müssen.

Kann Coucke das Finanzproblem lösen?
Das finanzielle Fairplay sorgt dafür, dass Anderlecht nicht nur von den Investitionen von Marc Coucke leben kann. In einem Zeitabschnitt von drei Jahren darf der Verein nämlich nur einen begrenzten strukturellen Verlust erleiden. Vereine, die immer wieder Verluste verbuchen, können zum Beispiel ihre Lizenz verlieren. Coucke kann Anderlecht mit Darlehen helfen, aber der Verein muss dafür sorgen können, dass man diese auch zurückbezahlen kann. Also nochmal: Anderlecht muss selbst Geld erwirtschaften, ansonsten drohen dem Verein große Probleme.

Wird Coucke immer einspringen können?
Neben der Kapitalerhöhung von 27 Millionen Euro, gab Coucke dem Verein bereits ein Darlehen von 22 Millionen Euro. Insgesamt pumpte der Präsident also bereits mehr als 100 Millionen Euro in den Verein. Coucke ist und bleibt ein Geschäftsmann: Anderlecht darf ihm kein Geld kosten, sondern muss ihm Geld einbringen. Irgendwann muss Anderlecht selbstständig worden und selbst Geld einbringen. 

Hat das Finanzielle Folgen für das Sportliche?
Seit der Ankunft von Marc Coucke hat Anderlecht 10 Prozent weniger Personal. Diese Rationalisierungen geschahen jedoch vor allem im nicht-sportlichen Sektionen. Aber wenn keine Besserung in Sicht ist, wird man auch auf dem sportlichen Gebiet Einsparungen vollziehen müssen. 

Was sagt uns die Jahresrechnung über Anderlecht?
Laut Bervoet ist es deutlich, dass ein negativer Teufelskreis entstanden ist. Wenn die sportlichen Ergebnisse schlechter sind, sinken auch die kommerziellen Einnahmen. Das hat dann wieder zur Folge, dass weniger Spielraum vorhanden ist, um neue Spieler zu holen oder Ausgaben zu tätigen, um aus dem sportlichen Tief wieder herauszukommen. 

Wie kann Anderlecht dieses Problem lösen?
Bervoet schaut da auf den niederländischen Verein AZ. Der Verein aus Alkmaar kämpfte mit großen finanziellen Problemen, als damals der Hauptsponsor DSB Bank pleite ging. Danach setzte der Verein sehr stark auf die Jugendausbildung und scheint in diesem Jahr die Früchte davon zu tragen. In der Vergangenheit konnte Anderlecht auf diesem Wege Spieler wie Lukaku, Tielemans, Praet und Dendoncker für viel Geld verkaufen. Das ist auch der Grund, warum man dem Projekt von Vincent Kompany auch so vertraut.

Was ist kurzfristig möglich?
Anderlecht hat schnellstens Geld nötig, aber der aktuelle Kader umfasst nur wenig Spieler, mit dem Anderlecht den Jackpot gewinnen kann. Der Verein muss also schnell dafür sorgen, dass man seine Kosten unter Kontrolle bekommt.



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