Vom Saufen zum Toreschießen: Der Weg von Adriano Bertaccini

SONNTAG, 9 NOVEMBER 2025, 12:36 - RSCA Skater
Anderlecht-Online No Image Found

ANDERE Vor vier Jahren schlief Adriano Bertaccini (25) noch in einem Zeltlager mit Amateurfußballern. Heute spielt er als Stürmer bei Anderlecht, wo er für Tore und Ambitionen verantwortlich ist. In einem offenen Gespräch blickte er nun auf seinen besonderen Werdegang, seine Emotionen nach einer Knieverletzung und seine Entwicklung als Profifußballer zurück.

"Meine Reaktion nach dem Wechsel war ein Fehler"


Weiter lesen unter Anzeige

Weiter lesen
Nach der wütenden Reaktion bei seiner Auswechslung im Spiel gegen den KV Mechelen erhielt Bertaccini viel Kritik, unter anderem auch von Frank Boeckx. "Er hatte Recht", erklärte Bertaccini. "Ich war enttäuscht, da ich gut im Spiel war und nicht aufhören wollte, aber meine Reaktion war nicht richtig. Ich habe mich nach dem Spiel auch direkt bei meinen Teamkollegen entschuldigt. So etwas wird nicht noch einmal passieren."

Dass gerade der junge Nathan De Cat ihn auf seine falsche Reaktion hinwies, beeindruckte ihn. "Er ist erst 17 Jahre alt, aber er zeigte in dem Moment sehr viel Reife. Das sagt viel über seinen Charakter aus. Er wird ein echter Führungsspieler."

"Bei mir heißt es immer alles oder nichts"

Laut Besnik Hasi kann Bertaccini noch keine neunzig Minuten durchspielen. "Das stimmt", gab er zu. "Bei mir heißt es immer alles oder nichts. Nach siebzig Minuten ist mein Tank dann meistens leer.”

"Wir stehen als Einheit hinter dem Trainer"

Der Druck auf Trainer Besnik Hasi war spürbar, aber laut Bertaccini steht die komplette Mannschaft hinter dem Trainer. "Als wir hörten, dass er ausgepfiffen wurde, tat das weh. Wir möchten für ihn kämpfen und das hat man gegen Mechelen auch sehen können."

Während eines Teamgesprächs ohne den Trainer hatte sich Bertaccini bewusst zurückgehalten. "Es gibt hier Spieler, die bereits hundert Spiele bestritten haben. Sie sprechen und ich höre zu."

"Schießen ist ein Instinkt"

Marc Degryse bezeichnete die Schussfertigkeit als eine unterschätzte Eigenschaft. "Für mich ist das reiner Instinkt", sagte Bertaccini. "Ich schieße nicht einfach drauf los, denn ich weiß immer, wo ich den Ball haben will. Das kann man nämlich nicht im Training lernen."

"Thorgan Hazard ist der beste Spieler, mit dem ich gespielt habe"

Das Zusammenspiel mit Thorgan Hazard und Mihajlo Cvetkovic gefiel ihm. "Cvetkovic ist eine echte Nummer neun und ich komme lieber aus der zweiten Reihe. Und Thorgan ist phänomenal. Die Leute zweifeln an ihm, aber das, was er mit dem Ball macht, ist außergewöhnlich."

"Die Verletzung hatte mich zurückgeworfen"

Die Knieverletzung war ein schwerer mentaler Rückschlag für ihn. "Als ich hörte, dass ich zwei Monate ausfallen würde, stürzte meine Welt in sich zusammen. Ich fühlte mich schuldig gegenüber dem Verein, der so viel in mich investiert hatte. In den ersten Tagen stand ich wirklich kurz vor einer Depression."

Von Österreich zu den Amateuren

Seine Karriere verlief keineswegs geradlinig. Nach Stationen bei Racing Genk und Deinze wechselte er zu Austria Lustenau in die zweite österreichische Liga. "Dort bin ich erwachsen geworden. Dort wurde nicht wegen kleiner Fehler gemeckert – es war hart, aber lehrreich."

Dennoch kehrte er zu seiner Familie zurück. "Meine Frau und ich vermissten unsere Familie. Deshalb entschied ich mich für Thes Sport in der Amateurliga. Während der Vorbereitung schliefen wir in Zelten und die Mannschaft trank bis vier Uhr morgens. Ich nicht – ich trinke nie –, aber ich hatte trotzdem Spaß. Mit 39 Toren gab ich meiner Karriere ein zweites Leben."

"Ich spiele für meine Familie"

Am Sonntag steht das Topspiel gegen Club Brügge auf dem Programm. "Wir wissen, das sie stark sind, aber wir werden alles geben. So spiele ich immer."

Nach jedem Treffer zeigt er auf die Tribüne. "Das ist für meine Eltern und meine Frau. Meine Mutter arbeitete halbtags, um mich zu unterstützen und mein Vater fuhr stundenlang, um mich zum Training zu bringen. Alles, was ich jetzt erreiche, habe ich ihnen zu verdanken."

Und dieser aufällige Moonwalk nach seinem Tor? "Das war einfach nur aus Spaß. Das sah doch gut aus oder?"

Quelle: © Eigene Quelle